Studie zur Vegetation


Funktion der Vegetation im Pfanngebiet

Die Vegetation im Pfanngebiet ist auschlaggebend für die Einbremsung der Erosion und für die Stabilisierung der Hänge. Dr. Helga Stimpfl, Dr. Anni Mair und Dr. Peter Kurz haben in den Jahren 1981-1983 Studien an der Flora und den Erosionserscheinungen im Pfanngebiet durchgeführt und Dissertationen darüber verfasst. Die Dissertation von Dr. Helga Stimpfl zum Thema:“ Zur Bedeutung der Reproduktionsstrategie autochtoner (am Fundort vorhandener) und standortfremder Arten für die ingenieurbiologische Berasung hochalpiner Erosionsflächen“ aus dem Jahr 1985 wird im Folgenden auszugsweise widergegeben.

Einleitung

Die ingenieurbiologische Berasung von Erosionsflächen im Hochgebirge ist sehr wichtig, da durch Erosion große Schäden entstehen können. Die Erosion geht stets mit zunehmender Vegetationszerstörung und schließlich mit Bodenabtrag einher. In Grasökosystemen der alpinen Hochlagen wird das Abfluss-und Abtragegeschehen (Erosion) hauptsächlich von der Vegetation bestimmt, erst in zweiter Linie machen sich die Bodenverhältnisse bemerkbar (Bunza, 1982).Der Bodenabtrag erhöht die Möglichkeit von Murenabgängen, wodurch eine große Gefahr für die unterliegenden Bewohner entsteht (Stiny, 1908). Die Erosionsflächen vergrößern sich schnell und alpwirtschaftlich nutzbare Fläche geht verloren. Mit all diesen Faktoren geht eine Verschlechterung der allgemeinen hydrologischen Verhältnisse parallel einher. Die Problematik der Erosion und Wiederberasung ist heute wichtiger denn je…….
Die vorliegende Arbeit geht von einem konkreten Projekt aus, ist aber von allgemeiner Bedeutung. Das Projekt ist die Untersuchung der Erosionsflächen und deren Wiederberasung am Pfannhorn (2600m) bei Toblach im Pustertal, Südtirol, Italien und ist in drei Teiluntersuchungen gegliedert. Ein Teil davon ist die vorliegende Arbeit, welche insbesondere die Reproduktion und Verbreitung der Arten und natürliche Berasungsmöglichkeiten untersucht……..Das Erosionsgebiet des Pfannhorns ist ein ehemaliges Alpweidegebiet, das besonders mit Schafen beweidet wurde. Hier bildeten sich in den letzten hundert bis zweihundert Jahren (Stiny, 1908) gewaltige Erosionsgräben. Die Ursache dafür liegt wahrscheinlich in der ungünstigen Lagerung der stark aufgelockerten Biotitgranitgneise und Glimmerschiefer und wurde vermutlich durch raubbauähnliche und ungeregelte Weidewirtschaft ausgelöst (Florineth, 1980).Das Gebiet des Pfannhorns ist ein klassisches Problemgebiet für eine immer weiter schreitende Erosion und es ist eines der ersten Gebiete, wo ingenieurbiologische Ideen entwickelt, gefördert und zumindest teilweise in die Praxis umgesetzt wurden (Stiny, 1908). Um die Jahrhundertwende wurden die ersten Stausperren gebaut und unterhalb der Waldgrenze die ersten „Weidebegrünungen“ durchgeführt. Von Zeit zu Zeit hat sich immer wieder die Notwendigkeit ergeben, neue Stausperren zu errichten, nachdem die alten immer wieder von Erosionsmaterial aufgefüllt wurden.
Seit 1975 wird vom Amt für Wildbachverbauung von Südtirol jedes Jahr ein Teil des Gebietes zwischen 2000 und 2500 m MH mit dem Mulchsaatverfahren begrünt, um ein zur Ruhe Kommen des Bodens zu erreichen. Dazu wird Handelssaatgut verwendet. Die Arbeiten können wegen der kurzen Vegetationsperiode nur im Sommer durchgeführt werden.Durch die Berasung wird eine Vegetationsdecke gebildet, die künstlich erhalten werden muss, sie erfordert jährliche Nachdüngung und Nachsaat 1).
Das Ziel dieser Untersuchungen war deshalb, herauszufinden, ob es Möglichkeiten gibt, standortgemäße Arten zu vermehren, sei es generativ (durch geschlechtliche Fortpflanzung)oder vegetativ (durch ungeschlechtliche Fortpflanzung), um damit eine Verbesserung der Berasung zu erreichen.
Dazu wurden die Vermehrung und die Verbreitung standortgemäßer alpiner Rasenbildner und der Arten der künstlichen Berasungsflächen untersucht und eigene Begrünungsversuche durch Verpflanzung von Horstteilen und kleineren Rasenstücken durchgeführt.

1) Der ph Wert des Rohbodens liegt bei 4,1-4,8 und der Kalkgehalt liegt bei 0,1-0,3% (Florineth, 1980).

Zusammenfassung

Die Arten der alpinen Vegetation sind auf die extremen Bedingungen, unter denen sie leben müssen, eingestellt……Alpine Arten können sich vegetativ vermehren oder sie sind so langlebig, dass sie irgendwann einmal, wenn es zu einer günstigen Vegetationsperiode kommt, sich generativ vermehren. Daher kommt es zwar jedes Jahr zu einer mäßig bis reichen Blüte, aber die Ausbildung von reifen, keimfähigen Samen ist damit nicht garantiert. Reife Samen können nur in warmen Vegetationsperioden mit günstigen Herbsttemperaturen gebildet werden.Die Aussaatarten bei den üblichen Begrünungstechniken sind an diese extremen Bedingungen nicht angepasst. Es handelt sich dabei durchwegs um mehrjährige, aber nicht langlebige Gräser und einzelne Kräuter, die auch jedes Jahr blühen, aber sehr selten reife Samen ausbilden können. Daher nehmen Berasungsarten rasch ab und es kann durch eine künstliche Berasung auf Dauer gesehen nur zu einer ersten Humusbildung, aber nie zu einer regenerationsfähigen Vegetationsdecke kommen.
Es muss daher im Bestreben all jener liegen, die in Hochlagen Berasungen durchführen, nach Methoden und Möglichkeiten zu suchen, alpine Pflanzen selbst als Pflanzenmaterial zu verwenden. Nur die alpine Pflanze selbst kann sich in ihrer Umwelt auch über lange Zeit regenerieren.Von den Pflanzengesellschaften des Untersuchungsgebietes eignet sich das Agrostidetum schraderanae zum Ausbringen von kleinen Rasenstücken, einzelne Arten eignen sich auch zum Versetzen von Horstteilen…Selbst die Lagerung ganzer Rasensoden (kleiner Rasenstücke) kann erfolgreich durchgeführt werden…
Aufgrund der vorliegenden Untersuchungen erscheint die Anwendung von autochtonem Pflanzengut über oder auch ohne gärtnerische Zwischenkultur denkbar und möglich…..
Im Material zu einem Vortrag gibt Frau Dr. Helga Stimpfl weitere Einblicke in Ihre Arbeit. Hier einige Auszüge: ….seit 1976 begrünt Dr. Florineth und besonders seine Begrünungen im Vergleich zur natürlichen Vegetation haben wir untersucht. Begrünt wird nach der Schiechtl-Methode: Stroh, Saatgut, Bitumenschicht. Die Bitumenschicht wirkt als Festiger und wärmeanziehend und wird in 2-3 Jahren abgebaut. Auch das Stroh wird in 2 Jahren abgebaut und bildet dabei eine leichte Humusdecke.Die Begrünungen müssen jedes Jahr gedüngt und nachgesät werden. Die Düngung ist notwendig, da kein Humus vorhanden ist, und die Nachsaat zeigt, dass sich der künstliche Pflanzenbestand nicht selbstständig regenerieren kann...

Die Wurzelbiomasse

Die unterirdische Wurzelbiomasse ist ausschlaggebend für die Festigung des Bodens, für seine Fähigkeit, Wasser aufzunehmen und zu speichern. Es geht bei der Begrünung oberhalb der Waldgrenze ja in erster Linie um einen Bodenschutz und dieser nimmt parallel zur Wurzelbiomasse zu………..
Es zeigt sich, dass es in der natürlichen Vegetation keinen Boden gibt, der nicht stark durchwurzelt wäre…. Auffällig ist vor allem, dass auch schütter bewachsene oder gar vegetationsleere Stellen in der natürlichen Vegetation 1/3 bis 1/2 so fest bewurzelt sind wie gut bewachsene Stellen. Das heißt, dass die Stellen auch von danebenliegenden Flächen durchwurzelt sind oder dass auf abgestorbenen Flächen das unterirdische Wurzelwerk bis zur Wiederbelebung erhalten bleibt.

 

Auf den Begrünungen sieht es ganz anders aus:

Die Durchwurzelung nimmt zwar von Jahr zu Jahr zu, erreicht aber auch nach 7 Jahren noch nicht die Durchwurzelung der natürlichen Vegetation. Im Durchschnitt weist die Begrünung die Hälfte bis 2/3 der Bewurzelung natürlich bewachsener Flächen auf…

Anpflanzversuche mit Rasenhäcksel oder durch Teilen und Versetzen von Rasenhorsten:

detailliete Informationen dazu finden Sie im Scan im Anhang. Den kompletten Text des Auszuges aus der Dissertation, sowie die Unterlagen zum Vortrag finden Sie auf folgenden Links: